Wie lassen sich Abbiegeunfälle an Lichtzeichenanlagen zuverlässig verhindern?

Häufig werden an Kreuzungen Radfahrer und Fußgänger von den abbiegenden Kfz-Fahrzeugführern nicht ausreichend beachtet. Bei schweren Unfällen hießt es dann meist in der Presse der Radfahrer oder die Radfahrerin wurde von dem motor. Fahrzeugführer übersehen. Naja schließlich macht ja jeder mal einen Fehler, nur leider sind diese Fehler für Radfahrer oder Fußgänger dann oft sehr folgenschwer. Während die Kfz-Fahrzeugführer allenfalls einen Lackschaden am Fahrzeug abbekommen erleiden die ungeschützten Verkehrsteilnehmer nicht gerade selten dauerhafte schwere körperliche Schäden die bis zu tödlichen Verletzungen reichen. Obwohl sie ja bei solchen Abbiegeunfällen meist die Unschuldigen sind.

Hier in Hannover bekommen die ungeschützten Verkehrsteilnehmer normaler Weise an Lichtzeichenanlagen zur gleichen Zeit ein grünes Licht wie auch der warte-pflichtige abbiegende Kfz-Verkehr. Was natürlich ein hohes Gefahrenpotential in sich birgt. Jeder 7te Autofahrer soll nach Untersuchungen den Schulterblick beim Abbiegen auch mal vergessen und Kontrollen hierzu gibt es recht selten von der örtlichen Polizei. Bei den größeren Fahrzeugen sind die Fahrer komplett auf mehrere Spiegel angewiesen, aber diese sind häufig auch verkleinernd um ein ausreichend großes Sichtfeld abzudecken. Bei LKW’s müssen diese Spiegel auch korrekt justiert worden sein damit es möglichst keinen sog. „Toten Winkel“ mehr gibt und selbst dann erfordert der Abbiegevorgang ein hohes Maß an Konzentration vom Fahrer denn er muss gleichzeitig auf viele Dinge achten wenn er um die Kurve fährt.

Die Folgen eines Fehlers sind insbesondere bei größeren Fahrzeugen wie bei Lastkraftwagen oft fatal und enden für Radfahrer oder Fußgänger nicht selten tödlich. So auch vor kurzem an der Ecke Vahrenwalder Straße und Industrieweg http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Toedlicher-Unfall-in-Hannover-Kind-von-Lastwagen-ueberrollt Hier wurde ein Elfjähriger Junge vor den Augen seiner Mutter von einem 40 Tonnen LKW überrollt.

Eigentlich sollte bekannt sein das es an dieser Stelle viel abbiegenden Schwerlastverkehr gibt. Die Ampel schaltet für Radfahrer ein paar Sekunden früher auf Grün und die Haltelinie auf dem Radweg ist vorgezogen gegenüber der Haltelinie auf der Fahrbahn. Aber das ist natürlich nur von Nutzen wenn Radfahrer schon dort an der Ampel warten, so haben sie dann eine Chance noch vor dem motorisierten Verkehr die Fahrbahn gekreuzt zu haben. In anderen Situationen nützt das leider nicht viel und so muss dann wohl der Unfall dort geschehen sein als der Fahrer des  rumänischen Lastwagens den Jungen übersah. Der Radweg der vorher mehr Abstand von der Fahrbahn hatte wird etwas weiter nördlich noch an die Fahrbahn herangeführt. Radfahrer werden unsinnig erweise dichter in den Gefahrenbereich neben die LKWs gebracht. Ein gewisser Abstand würde ihnen mehr Reaktions- bzw. Erkennungszeit geben um einem Unfall auszuweichen. (Siehe BAST F54: http://bast.opus.hbz-nrw.de/volltexte/2011/292/pdf/F54.pdf  „Ein Verschwenken der Radfahrwege und Gehwege weg vom Knotenmittelpunkt wirkt sich positiv aus“)

Ich denke es ist unbedingt notwendig an solchen besonders gefährlichen Ampelkreuzungen die ungeschützten Verkehrsteilnehmer von dem motorisierten Verkehr komplett zu trennen. Das geht sicherlich auch indem man die ungeschützten Radfahrer und Fußgänger in ein anderes Niveau bringt, also mit Brücken oder Unterführungen. Siehe beispielsweise dazu die herausragende Infrastruktur des Hovenrings bei Eindhoven in den Niederlanden http://ipvdelft.com/portfolio-item/hovenring/ . Allerdings ist eine derartige Trennung nicht gerade preiswert. Dort ist sie Teil einer Sicherheitsstrategie in dem man die Hauptradverkehrsströme versucht von den Hauptströmen des motor. Verkehrs zu trennen und zu entflechten. Das macht auch durchaus Sinn, sorgt für weniger schwere Unfälle und macht das Radfahren auch viel angenehmer. Ich finde, insbesondere bei wichtigen Verbindungen mit viel Radverkehr, sollte man auch hier bei uns mal an derartige Möglichkeiten denken.

Aber an einer Ampeln bietet es sich doch wenigstens an die unterschiedlichen Verkehre zeitlich zu trennen, so kann man schwere und tödliche Unfälle von Radfahrern verhindern. Wie man dieses machen könnte hab ich mal in drei animierten Grafik beispielhaft dargestellt. In diesem ersten Beispiel reichen bei einem Schaltungsumlauf nur 4.Phasen. Radfahrer und Fußgänger können dann gar nicht mehr in Kontakt mit den Kraftfahrzeugen kommen, mal abgesehen von Rotlichtverstößen.  Voraussetzung für diese Möglichkeit ist genug Platz für mindestens je einer Fahrspur für den motor. Verkehr pro Richtung. (Dieses wäre dort an der Vahrenwalder Straße aber in jedem Falle gegeben.)

Wenn nicht ganz so viel Platz vorhanden ist gibt es natürlich immer auch die Möglichkeit nur die Rechtsabbiegespuren gesondert zu schalten. So werden natürlich die Radfahrer und Fußgänger nicht vor den Linksabbiegern geschützt, falls man diese überhaupt an der jeweiligen Kreuzung zulässt.

Und dann gibt es auch noch die Möglichkeit allen Radfahrern aus allen Richtungen eine ganz eigene extra Phase zu geben, sie können dann sogar auch quer über die Kreuzung fahren. So ein „Simultan Grün“ oder „Rundum Grün“ kenne ich aber nur aus den Niederlanden. Radfahrer sind dann komplett getrennt vom Kfz-Verkehr, müssen aber untereinander interagieren. (Das macht man ja beispielsweise auch mitten in der Eilenriede, Ampeln brauch man ja nur dort wo auch Kfz-Verkehr vorhanden ist.) Dort wo es viele Radfahrer gibt, beispielsweise an manchen Kreuzungen in Groningen, wird diese Phase dann zwei mal pro Umlauf wiederholt. So etwas macht Sinn für beispielsweise nicht zu großflächige Kreuzungen. (So eine rundum-grün Phase würde ich mir zum Beispiel hier in Hannover wünschen um von der Willy-Brandt-Allee direkt in einem Rutsch linksabbiegend auf den Radweg am Maschsee entlang des Rudolf-von-Bennigsen-Ufers zu gelangen.)

Und natürlich lässt sich auch ganz gezielt dort wo die Unfallschwerpunkte in der Stadt sind, was die Abbiegeunfälle betrifft, eine gesondert geschaltete Rechtsabbiegespur schaffen. So hat man es beispielsweise in Osnabrück gemacht nachdem es dort mehrere schwere Unfälle mit Radfahrern gab. http://itstartedwithafight.de/2018/02/06/ampelschaltung-rettet-leben/

Es gibt übrigens auch einen offenen Brief an den Oberbürgermeister von Hannover der sich für sicher Ampelschaltungen zum Schutze der Radfahrer einsetzt: https://hannovercyclechic.wordpress.com/2018/05/06/tod-eines-kindes-offener-brief-an-oberbuergermeister-schostok/